LAG: Weg frei für Forschung & Entwicklung auf der Luisenburg

23.12.2020

„Luisenburg goes regional“ beinhaltet die Etablierung eines im deutschsprachigen Raum einmaligen Systems, das die systemische Entwicklung von neuen Stücken zulässt, die das richtige Profil für die Luisenburg-Festspiele besitzen. Dabei nutzen die Luisenburg-Festspiele auch den Standort und entwickeln vermehrt regionale Stoffe zu künstlerischen Werken. Je mehr Anbindung diese Stoffe dabei zu überregionalen bzw. überzeitlichen Themen haben, umso geeigneter sind sie um damit Bevölkerungsgruppen und Stakeholder zu erreichen, die dem Theater heute sonst chronisch fernbleiben. Das kann das Theater neu in der Mitte der Gesellschaft verorten und die Legitimität der Institution „Luisenburg-Festspiele“ unterstreichen.

Für diesen enormen Auftrag sehen die Luisenburg-Festspiele die Bildung einer „Forschungs- und Entwicklungsabteilung“ (F&E) als notwendig an. Diese geht über die klassisch deutsche Autorenwerkstatt hinaus, denn sie muss sicherstellen, dass das zu fertigende Stück inhaltlich und handwerklich in der Lage ist, das breite Publikum zu erreichen. Damit wendet sich F&E auch ab von einem Verständnis des Autors als ein in seinem eigenen Kosmos solistisch Schöpferischen und hin zu einem Verständnis des Autors als kreativem Handwerker, der sein Werk im Austausch mit anderen Kreativen wie Regisseur, Komponist, Choreograph erstellt und auch in das Umfeld wirtschaftlicher Notwendigkeiten eines Theaters eingebunden ist, das Kunst und Finanzen zwingend zusammendenken muss.

Das Projekt ist in drei Teilprojekte untergliedert, die parallel umgesetzt werden. Für die Umsetzung der Teilprojekte wird die Förderung eines Projektmanagements beantragt.

Teilprojekt 1: Autorenwerkstatt als Element von Forschung & Entwicklung

Die Autorenwerkstatt wird in 3 teilweise parallellaufenden Zyklen durchgeführt. Jeder Zyklus besteht aus folgenden Schritten:

  1. Entwicklung der Idee: Der Autor / Das Autorenteam entwickelt aus einem konkreten historischen Vorkommnis aufgrund von tiefergehender Recherche, persönlichen Treffen mit Experten u.a. ein erstes grobes „Narrativ“, also eine Erzählung mit einer Mischung aus realen und erfundenen Figuren und realen und erfundenen Vorkommnissen.
  2. Das Treatment: Der Autor / Das Autorenteam erarbeitet die konkrete Erzählung, also welcher Charakter macht im Stückablauf wann was warum. Dabei werden alle Charaktere festgelegt, ihre Entwicklung und die Wendepunkte der Erzählung (Szenenfolge und Stückdramaturgie). Bei musikalischen Werken wird die Musikdramaturgie entwickelt (wann wird gesungen, wer singt, Stilistik, ggf. musikalischer Grund-Sound / Anzahl der Musiker, welche Instrumente).
  3. Die erste Fassung: Das Autorenteam entwickelt eine fertige Fassung mit allen Dialogen, Kompositionen, Songtexten auf Grundlage der ersten beiden Schritte.
  4. Erstellung einer überarbeiteten Fassung: Zielgenaue Besetzung der Rollen für den Workshop. Überarbeitung der ersten Fassung aufgrund von Workshop-Ergebnissen (z. B. Kürzungen, Umstellen oder Streichungen von Szenen/Songs, stringentere Fassung von Charakterisierungen und Wendepunkte, Überprüfung von Dialogen, Nacharbeitung von Songtexten und Songaufbau, Neuschreiben von Material um den Handlungsfluss, die Charakterentwicklung und die Spannung zu gewährleisten). Arrangement aller Musiken mit individuellen Instrumentenparts für alle Musiker. Abstimmung mit dem Kern-Kreativteam (Regie, Choreographie, Musikalische Leitung) über die Ideen des Schreibteams zur szenischen Umsetzung.
  5. Probenarbeit: Autor / Komponist sind bei Teilen der Proben zugegen, um das Kreativteam und die Darsteller*innen zu beraten und in Kooperation mit dem Kreativteam ggf. Text und Musik an die konkreten Anforderungen auf der Bühne anzupassen (Anpassen von Dialogen an eine*n konkrete*n Darsteller*in, Kürzungen, Anpassen der Länge von Übergängen an die rein physische Dauer von Umbauten, Auftritten, Szenenwechseln.

Teilprojekt 2: Regionale Stoffentwicklung

Künftig soll in jeder Spielzeit ein neuer Stoff entwickelt werden, der über ein regionales Thema direkt mit den Luisenburg-Festspielen und der Region verbunden ist und der gleichzeitig über eine Relevanz über die Region hinaus verfügt. Dies können religiöse, soziale, wirtschaftliche, oder politische Umbruchsituationen in Deutschland mit konkreten Auswirkungen auf die Region sein, zum Beispiel Grenzgeschichten, Religionskriege, Industrialisierung / Elektrifizierung, Aufbau und Niedergang von Wirtschaftsdynastien und deren großen Persönlichkeiten.

Teilprojekt 3: Luisenburg-Uraufführungen als Motor der Regionalentwicklung

Die Luisenburg-Festspiele planen in Zukunft eine verstärkte, strategische Neuausrictung in ihrem Auftreten als Akteur der Regionalentwicklung. Dies bedeutet konkret die Schaffung eigener regionaler und überregionaler Netzwerke in den Bereichen
– Gemeinsame Vermarktung mit touristischen Einrichtungen
– Netzwerke mit regionalen Unternehmen
– Patenschaften einzelner Maßnahmen durch regionale Akteure und Unternehmen

Die Stadt Wunsiedel setzt das Projekt als Einzelprojekt vom 01.01.2021 bis 31.12.2023 um. Das Projekt dient der Erreichung des Entwicklungsziels 3.

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 552.164,66 Euro. Hiervon sollen 321.454,90 Euro aus LEADER gefördert werden. 114.000,00 Euro sind von der Oberfrankenstiftung bewilligt. Die Stadt Wunsiedel als Projektträgerin trägt den Eigenanteil in Höhe von 116.709,76 Euro.

Am 10. Juli hatte das Entscheidungsgremium der LAG einstimmig beschlossen, dass wegen des Katastrophenfalls alle Sitzungen bzw. Projektbeschlüsse und Entscheidungen über Einzelmaßnahmen im Rahmen des Projekts „Unterstützung Bürgerengagement“ im Umlaufverfahren erfolgen. Aufgrund der Ausnahmesituation wird von der Geschäftsordnung abgewichen, insbesondere von §4 Absatz 3 (Die Abstimmung im Umlaufverfahren darf nur erfolgen, wenn das Projekt in einer vorherigen Sitzung des Entscheidergremiums besprochen wurde und das Entscheidergremium einer Entscheidung im Umlaufverfahren zugestimmt hat.)

Die Beschlussfassung im Umlaufverfahren fand zwischen dem 16.12. und dem 23.12.2020 statt. Alle Mitglieder des LAG-Entscheidergremiums haben entsprechende Informationen zur Entscheidung per Mail zugesandt bekommen, um nach Durchsicht und Bewertung schriftlich abzustimmen. Im Vorfeld wurde ein Mitglied des Entscheidergremiums wegen persönlicher Beteiligung am Projekt von der Beratung (virtuell) und der Abstimmung ausgeschlossen. 16 (von 16) stimmberechtigten Mitgliedern haben sich an der Abstimmung beteiligt, davon 10 aus dem Bereich der Wirtschafts- und Sozialpartner (62,5 %). Das LAG-Entscheidergremium stimmte einstimmig für eine Empfehlung des Projekts zur LEADER-Förderung in Höhe von 321.454,90 Euro.

Die Projektauswahl erfolgte unter Vorbehalt (= Für das Projekt stehen noch verfügbare Restmittel innerhalb des verfügbaren Orientierungswerts zur Verfügung, aber diese reichen nicht mehr für eine vollständige Finanzierung in der beantragen Höhe aus. Auch nach vollständiger Ausschöpfung des Orientierungswerts gibt es für die LAG die Möglichkeit weitere Projekte „unter Vorbehalt“ auszuwählen. Auch diese können von Antragstellenden laufend bei der Bewilligungsstelle eingereicht werden. Über die Bewilligung dieser Projekte und die damit verbundene Budgetaufstockung entscheidet das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sobald die LAG das erste Projekt „unter Vorbehalt“ auswählt, bleibt sie auf dieser „Verfahrensschiene“. Das bedeutet, dass auch alle weiteren Projektauswahlverfahren der LAG nur noch mit Beschlüssen „unter Vorbehalt“ erfolgen können. Jedes Umlaufverfahren zählt als jeweils eigene Auswahlsitzung.)